Der Tetzelstein

This site may earn a commission from merchant affiliate links, including eBay, Amazon, and others.

Urs

Well-known member
Registriert
29. Mai 2010
Beiträge
421
Reaktionspunkte
0
Ort
38154 Bornum am Elm
Als ich mir eines dieser Opferstocklieder von Walther von der Vogelweide betrachtete, kam mir dabei doch eine alte Elmsage in den Sinn, die ich euch nicht vorenthalten möchte: Der berühmt/berüchtigte Ablassprediger Tetzel (ihr wißt schon, der mit dem Slogan "Wenn das Geld im Kasten klingt, huuuiiii, die Seele in den Himmel springt.") soll auch mal in Königslutter Halt gemacht haben. Vor dem Kaiserdom hat er seine Ablassbriefe verkauft und seine Truhe war schon bald randvoll mit Münzen, so viele Leute waren gekommen. Nun war auch der Ritter Hagen unter all den Menschen, der trat an den Tetzel heran und hatte eine Frage. Er wollte wissen, ob er auch schon einen Ablassbrief erwerben könnte, für eine Sünde die er noch gar nicht begangen hatte. Der Tetzel überlegte hin und her und fragte schließlich, ob der Ritter Hagen denn jemandem ans Leben wolle. Das verneinte dieser entschieden. Er plane einen Überfall auf einen reichen Mann - das sei doch nicht allzu schlimm? Es solle ja niemand zu Schaden kommen. Na, daraufhin verkaufte der Tetzel ihm einen Ablassbrief (allerdings gegen Aufschlag, war Raub doch eine schwere Sünde) und beide zogen zufrieden ihrer Wege. Pater Tetzel machte sich auf nach Küblingen, einem nahen Wallfahrtsort, wozu er den Elm durchqueren mußte. Er war nun schon ein ganzes Stück im Wald, da sprangen aus den Büschen ein Haufen Kerle, die ihm den schönen vollen Geldkasten entrissen. Der Tetzel heulte und tobte und schwor ihnen, daß sie dafür allesamt in der Hölle schmoren würden! Aber da kam hinter einem Baum kein anderer als Ritter Hagen hervor, der lachte dem Pater frech ins Gesicht und hielt ihm den Ablassbrief unter die Nase. Hier würde der fromme Mann irren, für diese Sünde habe er nämlich schon bezahlt! Ritter Hagen hat das erbeutete Geld dann unter dem Volk verteilt und die leere Truhe an einer schweren Kette zurück nach Königslutter geschleift. Dort war sie viele Jahre lang im Kaiserdom zu sehen. Aber im Elm, dort wo der Tetzel sein Geld dem Ritter Hagen geben mußte, hat man zum Andenken einen Stein errichtet, der auch heute noch der Tetzelstein genannt wird... So hat es mir meine Oma erzählt und so erzählt man es sich heute noch bei uns. Auch in den "Elmsagen" gesammelt von H.B. Krieger, kann man es so nachlesen. In dieser Form ist die Sage aber erst seit dem 19. Jhd. populär. Davor wurde der Ablassprediger (nicht explizit Tetzel) in der Geschichte von einem Raubritter kurzerhand ermordet. Den Tetzelstein gibt es tatsächlich. Er steht auf einer Lichtung nahe der gleichnamigen Waldgaststätte und ist recht unspektakulär. Eine kleine Stele, nicht mal einen Meter hoch. Viele halten darum das nahe Denkmal (in dem man die Sage nachlesen kann) für den Tetzelstein. Da in den echten Stein ein Kreuz eingehauen ist, sagt man, daß er an einen Mord gemahnt. Das Opfer dürfte aber mit Sicherheit nicht Pater Tetzel sein - denn der starb meines Wissens an der Pest.
 
Das ist ja eine supertolle Sage. Danke Dir Urs. :thumbsup: Zu diesen Kreuzsteinen existieren mancherorts Sagen oder Spukgeschichten. Diese Steine sind aber in Wirklichkeit Sühnesteine für Mordopfer. siehe auch hier: http://www.suehnekreuz.de/
 
Ich kenne die Sage auch in Form "Ermordung durch einen Raubritter" . Der soll dann trotz seines Ablassbriefes eben zum Gedenken an seine Tat den Stein haben errichten müssen, und er soll die Tat allein vollbracht haben, es soll der Ritter von Kneitlingen gewesen sein ( Geburtsort Till Eulenspiegels)
 

Neueste Beiträge

Oben